Es ist oft nicht so einfach einzuschätzen, ob Du als Gewerbetreibender oder als Freiberufler mit Deiner Tätigkeit einzustufen bist. Die Einstufung ist nicht nur für die Anmeldung Deiner Tätigkeit von großer Wichtigkeit, sondern u.a. auch für die Rentenversicherung. Du solltest Dir also im Vorfeld klar sein, wozu Deine Tätigkeit gehört.
Was ist ein Gewerbe?
Lt. Gewerbeordnung ist ein Gewerbe eine Tätigkeit die:
1. nicht verboten ist, 2. mit der Absicht unternommen wird Gewinn zu erzielen 3. drittens auf Dauer angelegt ist 4. selbständig (also nicht im Angestelltenverhältnis) ausgeübt wird 5. von jemandem ausgeübt wird, der kein Freiberufler ist.
Stellt sich jetzt natürlich die Frage:
Was ist ein Freiberufler?
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass:
Freiberufler über besondere berufliche Kenntnisse verfügen. Sie können sich dieses Wissen auch im Selbststudium angeeignet haben. Sämtliche Kenntnisse müssen wissenschaftlich fundiert sein und dem Niveau eines Hochschulstudiums entsprechen.
Freiberufler erbringen mit ihren Kenntnissen besondere Dienstleistungen mit hohem Wert z.B. für die Gemeinschaft (bspw. Kranke heilen)
Freiberufler haben bei dieser Arbeit die volle fachliche Entscheidungsfreiheit und sind für die Qualität ihrer Leistung selbst verantwortlich
Ihr Einkommen oder ihr Honorar richtet sich häufig nach den Gebührenordnungen für die Berufsgruppe zu der sie gehören.
Viele Tätigkeiten wie Steuerberater, Rechtsanwälte oder Architekten sind außer Zweifel Freiberufler. Für eine ganze Reihe von Tätigkeiten trifft die Zuordnung das Finanzamt. Je nachdem wie die Zuordnung ausfällt, wird man steuerlich als Freiberufler oder als Gewerbetreibender behandelt. Auch für die Finanzverwaltung ist die Unterscheidung nicht immer einfach. Viele berufliche Tätigkeiten weisen Merkmale der freien als auch der gewerblichen Tätigkeit auf. Allgemein kann man sagen:
Steht die geistige, schöpferische Arbeit im Vordergrund, geht die Finanzverwaltung meist von einer freiberuflichen Tätigkeit aus.
ACHTUNG: Eine erste steuerliche Behandlung als Freiberufler ist keine endgültige Entscheidung. Die kommt in vielen Fällen erst bei einer Betriebsprüfung. Hier kann es oft zu bösen Überraschungen kommen. Stellt das Finanzamt im Nachhinein eine gewerbliche Tätigkeit fest, sind Nachzahlungen der Gewerbesteuer fällig. Diese können Deine Liquidität extrem belasten.
TIPP: Beantrage vor Gründung oder zeitnah zum Gründungsdatum beim Finanzamt eine kostenpflichtige „Verbindliche Auskunft“.
Finanzamt und Betriebsprüfer stützen sich bei Entscheidungen vor allem auf das Einkommenssteuergesetz. Hier werden in §18 Absatz 1 konkrete freiberufliche Gruppen festgelegt, die als Freiberufler gelten. Es unterscheidet zwischen den sogenannten Katalogberufen, den Tätigkeitsberufen und den ähnlichen Berufen.
Was sind Katalogberufe?
Zu den Katalogberufen zählen:
Heilberufe: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Dentisten, Physiotherapeuten
Rechts-, steuer- und wirtschaftsberatenden Berufe: Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, beratende Volks- und Betriebswirte oder vereidigte Buchprüfer
Naturwissenschaftliche und technische Berufe: Vermessungsingenieure, Ingenieure, Handelschemiker, Architekten, Lotsen
Informationsvermittelnde und sprachliche Berufe: wie Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher und Übersetzer
Zusätzlich die im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) genannten vier selbständig ausgeübten Berufsbilder
Diplom Psychologe
Heilmasseur
Hebamme
Hauptberuflicher Sachverständiger
Was sind in diesem Zusammenhang „ähnliche Berufe“?
"Ähnliche Berufe" sind mit den Katalogberufen vergleichbar. Das wäre z.B. ein Elektrotechniker, der sich fortgebildet hat und Arbeiten verrichtet, die ein Ingenieur normalerweise ausübt. Oder eine Sozialpädagogin, die nach Fortbildungen in der Familientherapie tätig ist. Diese Tätigkeit dürften sonst nur Diplom Psychologen ausüben.
Was sind Tätigkeitsberufe?
Zu den Tätigkeitsberufen zählen wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende und erzieherische Tätigkeiten. Sie zeigen im Alltag die typischen Merkmale einer freiberuflichen Tätigkeit und werden immer selbständig ausgeübt.
Zu den wissenschaftlich Tätigen zählen die, die z.B. nach streng objektiven und sachlichen Gesichtspunkten forschen, Gutachten erstellen oder eine Prüfungs- und Lehrtätigkeit ausüben
künstlerischen Tätigkeiten, die eine eigene schöpferische Leistung erkennen lassen und eine bestimmte künstlerische Gestaltungsqualität aufweisen.
Schriftstellerische Tätigkeiten beziehen sich auf das Verfassen eigener Texte für die Öffentlichkeit. Hierzu zählen somit auch ein Werbetexter oder jemand der Literatur übersetzt oder einen juristischen Informationsdienst herausgibt
Zu den unterrichtenden Tätigkeiten gehört die Unterrichtserteilung unterschiedlichster Art. Eine amtliche Qualifikation ist dazu nicht notwendig. Entscheidend ist hier, dass notwendige Kenntnisse und Fertigkeiten vorhanden sind. Zu diesen Tätigkeiten zählen auch Sport-und Gymnastikunterricht, Reit- und Tanzunterricht, sowie der Unterricht in einer Fahrschule.
Bei den erzieherischen Tätigkeiten geht es um die körperliche, geistige und charakterliche Formung junger Menschen. Wie in der Kindertagespflege, in eigener Regie geführte Kitas oder spezielle pädagogische Angebote.
Wie sieht die Realität aus?
Oftmals treten die Tätigkeiten gemischt auf. Und auch hier wird noch zwischen trennbar gemischten Tätigkeiten und untrennbar gemischten Tätigkeiten unterschieden.
Was sind trennbar gemischte Tätigkeiten?
Bei den trennbar gemischten Tätigkeiten sind die freiberuflichen und gewerblichen Tätigkeiten nicht so eng miteinander verknüpft, dass die eine ohne die andere nicht funktionieren würde. Hier behandelt das Finanzamt die Tätigkeiten getrennt voneinander und verlangt dafür in vielen Fällen auch eine getrennte Buchführung und eine getrennte Steuererklärung. Bsp.: ein Architekt der neben seinen planerischen Tätigkeiten zusätzlich Immobilien vermarktet
Was sind untrennbar gemischte Tätigkeiten?
Bei den untrennbar gemischten Tätigkeiten sind die Tätigkeiten so unauflöslich miteinander verknüpft, dass die eine ohne die andere nicht funktioniert. Bsp.: PR Beratung, hier können journalistische Tätigkeiten, wie das Schreiben von Pressemitteilungen (freiberuflich) und auch organisatorische Tätigkeiten (gewerblich) anfallen. In diesen Fällen entscheidet das Finanzamt, welche der Tätigkeiten das Unternehmen mehr prägt. Wenn sich die freiberufliche Tätigkeit aus der gewerblichen Tätigkeit ergibt, kann es sein, dass das Finanzamt die gesamte Tätigkeit als Gewerbe einstuft.
Also im Zweifel immer beim Finanzamt im Vorfeld anfragen und eine kostenpflichtige "Verbindliche Auskunft" erstellen lassen.
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